Zusammen mit über 1.000 anderen Anti-Militarist:innen haben wir in uns in der letzten Augustwoche am Rheinmetall-Entwaffnen-Camp in Köln beteiligt. Aus dem Camp heraus trugen wir über mehrere Tage lang entschlossen und kämpferisch unseren Protest gegen den Aufrüstungskurs der BRD und die Wiedereinführung der Wehrpflicht auf die Straßen und haben dabei an verschiedenen Orten der deutschen Kriegsindustrie auch unseren praktischen Widerstand entgegengesetzt.
Erste Repressionen bereits vor der Aktionswoche
Köln selbst soll im Zuge der deutschen Kriegsvorbereitungen mehr und mehr zu einem logistischen Drehkreuz ausgebaut werden. Schon heute befinden sich dort mehrere Standorte und Kasernen der Bundeswehr und des militärischen Abschirmdiensts. Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat seinen Hauptsitz im nahen Düsseldorf. In NRW befinden sich zahlreiche Produktionsstätten von Rheinmetall selbst, von anderen Rüstungsunternehmen wie Diehl Defence oder von Betrieben, die immer mehr auf Kriegsproduktion umschwenken, so zum Beispiel die Kölner Deutz AG.
Um den Kriegsprofiteuren und Kriegstreibern in und um Köln Ruhe zu verschaffen, hatte die Kölner Polizei bereits vor dem Beginn der Aktionswoche versucht, ein Verbot des Camps durchzudrücken. Hanebüchen wurde hierfür unter anderem argumentiert, dass die seit 100 Jahren übliche und bekannte antimilitaristische Parole „Krieg dem Krieg“ auf kriminelle Absichten hindeute. Da sich einerseits zahlreiche Organisationen und Aktivist:innen nicht von ihrer Mobilisierung zum Camp abbringen ließen, sondern diese im Gegenteil sogar noch verstärkten und andererseits das Verbot schließlich vor Gericht nicht Stand hielt, konnte die Zeltstadt am Fuße des Kölner Wahrzeichens „Colonius“ trotzdem wie geplant aufgebaut werden.
Klasse gegen Klasse, Krieg dem Krieg!
Ein Ziel der Föderation klassenkämpferischen Organisationen war es von Anfang an gewesen, einen noch größeren Bezug des antimilitaristischen Protests in Köln zu den Kölner Arbeiter:innen herzustellen.
Bereits seit mehreren Wochen organisierte aus diesem Grund das Solidaritätsnetzwerk in Köln-Mülheim eine Kampagne gegen ein Planungsbüro der Rüstungskonzerne Rheinmetall, Thales und KNDS. Dort soll von einem 50-köpfigen Team ein neues Kampfpanzer-System für Europa entwickelt werden. Die Kampagne fand am 16. August bereits mit einer kämpferischen Stadteildemonstration, auf der auch zu einer gemeinsamen Beteiligung am Rheinmetall-Entwaffnen-Camp aufgerufen wurde, einen ersten Höhepunkt.
Am Wochenende vom 23. bis 25. August verteilte die Internationale Jugend außerdem bereits Hunderte Flyer an Besucher:innen der Videospielmesse Gamescom und machte auf die Instrumentalisierung der jugendkulturellen Messe durch die Bundeswehr und ihre Rekrutierer:innen aufmerksam.
Auch die Aktionswoche selbst begannen die einzelnen Organisationen der FKO mit verschiedensten Mobilisierungsaktionen, bei denen immer wieder die Einladung zur Teilnahme am Camp und den zentralen Veranstaltungen mit einer Bekräftigung der Legitimität des Protestes gegen den Krieg verknüpft wurde. Die Internationale Jugend protestierte mit mehreren Die-Ins in der Innenstadt und mit Aktionen vor Schulen gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die geplante Verabschiedung des Wehrpflichtgesetzes. Das Studierendenkollektiv trug den Aufruf zur Beteiligung am antimilitaristischen Protest mit Megaphonen, Bannern und Flugblättern direkt an die Kölner Universität.
Mehrere Aktionen organisierte auch das Frauenkollektiv: Sowohl an einem Krankenhaus, an das eine für militärische Zwecke benötigte Intensivstation angebaut werden soll als auch bei einer Protestaktion gegen den Westdeutschen Rundfunk, der immer wieder die Kriegstreiberei des deutschen Staates medial rechtfertigt, wurden dabei die besonderen Folgen von Aufrüstungskurs und Krieg für Frauen und LGBTI+ Personen hervorgehoben.
Vor weiteren Betrieben fanden ebenfalls Aktionen statt: Betriebskampf suchte den Kontakt zu Arbeiter:innen der Deutz AG, um über Möglichkeiten des Widerstands gegen die Rüstungsindustrie von innen heraus ins Gespräch zu kommen. Auch mit streikenden Lieferando-Fahrer:innen und den von massiven Kürzungen betroffenen Ford-Arbeiter:innen solidarisierte sich Betriebskampf.
Erfolgreicher antimilitaristischer Protest am Freitag und Samstag
Nachdem wir immer und wieder vom Camp aus in die Stadt ausgeschwärmt waren, schlossen wir als Föderation unsere Kräfte schließlich vor allem gegen Ende der Woche mehr und mehr zusammen. Am Freitag fanden gleich mehrere antimilitaristische Aktionen statt, So gab es etwa eine erfolgreiche Protestaktion gegen die Castenow Medienagentur in Düsseldorf. Diese Agentur ist verantwortlich für die Hochglanzwerbekampagnen der Bundeswehr und ist deshalb direkt daran beteiligt, die Jugendlichen der Arbeiter:innenklasse für den Krieg im Interesse der Reichen und Konzerne zu gewinnen. Die Werkstore der Agentur wurden während der Aktion von mehreren Aktivist:innen verkettet, sodass die Werber:innen dort nicht wie gewohnt ihre Arbeit aufnehmen konnten.
Parallel dazu wurde eine Logistikstelle der Deutz AG, ein Grundstück von Rheinmetall in Bonn und ein SPD-Büro in Köln durch Antimilitarist:innen blockiert.
Auch bei der großen Parade am Samstag nahmen wir teil und konnten dort mit dreitausend anderen Antimilitarist:innen und als Teil des kämpferischen revolutionären Teils der Demonstration unseren Protest gegen den Krieg zeigen.
Entschlossen gegen Polizeigewalt
Nachdem die Polizei bereits vor dem Camp deutlich gemacht hatte, dass sie den Protest am liebsten komplett unterbinden möchte, versuchte sie auch während der Aktionswoche immer wieder durch übermäßige Kontrollen, vereinzelte Gewaltausbrüche und Schikanen, die Aktivist:innen des Camps zu zermürben. Am Samstag holte die Polizei dann zum großen Schlag aus und zog dafür noch einmal weitere Kräfte aus NRW, Thüringen, Hessen und Bayern zusammen, um die Parade zu stören.
Von Beginn an gingen Polizist:innen mit Gewalt gegen Demonstrierende vor, verursachten Platzwunden und hinderten den Demonstrationszug so über mehrere Stunden lang immer wieder am Laufen. Unter fadenscheinigen Gründen inszenierte die Polizei dann in einer Seitenstraße kurz vor einer großen Zwischenkundgebung ein ganz besonders absurdes Schauspiel: Erst prügelte sie auf Demonstrierende aus dem revolutionären Teil der Demonstration ein, weil dort Rauch gezündet worden war, dann nahm die Polizei genau diesen Vorfall zum Anlass, um 400 Demonstrierende über mehr als 11 Stunden bis in die Morgenstunden festzuhalten, immer wieder in diese hineinzuprügeln und alle Festgehaltenen nacheinander gewaltsam abzuführen.
Die Polizeigewalt hat vor allem das Ziel, weitere Teile unserer Klasse davon abzuhalten, sich den Protesten gegen Aufrüstung und Krieg anzuschließen. Die Solidarität, die wir und andere Organisationen untereinander gegen die Angriffe der Polizei entwickelten, aber auch die Unterstützung von zahlreichen Kölner:innen während der gesamten Aktionswoche lässt jedoch das genaue Gegenteil erahnen: Angetrieben durch die massiven Aufrüstungspläne und die immer größer werdende Kriegslust der Kapitalist:innen fanden in Köln die kämpferischsten antimilitaristischen Proteste der jüngeren Geschichte statt. Unsere Entschlossenheit dieser Aktionswoche und die Brücken, die wir in unsere Klasse gebaut haben, sind nur der Beginn des wachsenden Widerstands gegen die Kriegspläne in Deutschland.