Am 9. Juni finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Dazu sind in Deutschland knapp 65 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Gewählt werden deutsche Parteien, die ihre Abgeordneten an das Europäische Parlament entsenden.
Im Vorfeld der Wahl inszenieren deutsche Politiker:innen die Europäische Union und ihr Parlament als großes demokratisches Mitmachprojekt – die Wahlen seien unmittelbar ausschlaggebend für die Gestaltung unseres Alltags. Globale Herausforderungen wie „Klimawandel, Terrorismus und Migration“ seien nur „gemeinschaftlich“ im Verbund mit den anderen EU-Staaten lösbar. Deshalb brauche Deutschland eine starke Vertretung im Europäischen Parlament, so der Aufruf der Bundesregierung.
Die EU ist ein Werkzeug in den Händen deutscher Kapitalisten!
Tatsächlich existiert die EU jedoch nicht, um uns Arbeiter:innen ein besseres Leben herbei zu organisieren. Nein, die EU ist ein Werkzeug in den Händen derjenigen, die unsere Arbeitskraft ausbeuten und sich an unserer Unterdrückung bereichern.
Gerade Deutschland als mächtigstes Land der EU nutzt den Zusammenschluss der europäischen Staaten aus, um die wirtschaftlichen Interessen deutscher Konzerne auch weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus durchzusetzen. So erlauben es die EU-Gesetze deutschen Konzernen etwa, ganze Staaten und Regionen wie Tschechien, Flandern oder Katalonien wirtschaftlich zu durchdringen und so einen mitteleuropäischen Wirtschaftsraum unter deutscher Führung zu schaffen.
Seit Einführung der gemeinsamen Euro-Währung verdonnerte Deutschland südeuropäische Staaten wie Griechenland, Italien und Portugal außerdem zu massiven Sparprogrammen und Zwangsprivatisierungen und ermöglichte so deutschen Monopolen, sich die lukrativsten Unternehmen dieser Staaten für Billigpreise unter den Nagel zu reißen. Mit dieser Politik verschafft sich Deutschland auch im Kampf gegen den großen Konkurrenten Frankreich immer wieder Vorteile.
Als Arbeiter:innen haben wir bei den Europawahlen nichts zu gewinnen
Die Konzerne, deren Interessen Deutschland im Rahmen der EU verwirklicht, sind die gleichen Konzerne, die auch uns Arbeiter:innen in Deutschland – direkt oder indirekt – ausbeuten. Das heißt auch, dass wir Arbeiter:innen in Deutschland nicht profitieren, wenn die deutschen Kapitalist:innen mehr Rechte, mehr Freiheiten und mehr Rückendeckung für ihre kriminellen Machenschaften erhalten. Nein, für uns bedeutet eine Stärkung der Kapitalist:innen vor allem, dass wir weiterhin in einer Gesellschaft leben werden, die Kriege und Krisen hervorbringt, für die letztendlich wir bezahlen müssen. Wenn uns die bürgerlichen Parteien von AfD bis Grüne also das Märchen eines „starken und sicheren Europas“ vorspinnen, so entgegnen wir: ein Europa, in dem Klimawandel, Kriege und Krisen wirklich der Vergangenheit angehören, können wir uns nur gegen die Kapitalist:innen, nie aber mit ihnen erkämpfen!
Wie wir in Zukunft leben werden, entscheidet sich also nicht im EU-Parlament, wo letztlich vor allem darüber gefeilscht wird, welche nationale Kapitalistenklasse sich welche Vorteile ergaunern kann. Als Arbeiter:innen der EU-Staaten haben wir alle das gleiche Interesse: ein Ende der Macht der Kapitalist:innen, egal ob deutsch, französisch, spanisch oder ungarisch. Dieses Ziel erkämpft uns kein Parlament, nicht auf europäischer Ebene und auch nicht auf kommunaler Ebene, auf der ebenfalls im Juni in vielen Teilen Deutschlands zur Wahl aufgerufen wird. Unsere Befreiung, so viel muss uns allen klar sein, erreichen wir nicht durch die Abgabe eines Stimmzettels!
Geeint und solidarisch starke Arbeiter:innenbewegungen aufbauen!
Stattdessen sind wir selbst gefragt uns als vereinte europäische Arbeiter:innenschaft für eine Gesellschaft, die nach unseren Interessen aufgebaut ist und in der nach unseren Interessen produziert wird, zu organisieren. Dazu können wir schon heute wichtige Schritte gehen, indem wir in allen europäischen Ländern starke Arbeiter:innenbewegungen aufbauen, die konsequent für ein Ende des Kapitalismus und den Sozialismus eintreten und dem immer weiter zunehmenden Nationalismus und der erstarkenden faschistischen Bewegung in Europa unsere internationale Solidarität als ausgebeutete Arbeiter:innen entgegenstellen!
Als Föderation klassenkämpferischer Organisationen stehen wir heute vor der Herausforderung, diese Schritte in Deutschland, dem mächtigsten imperialistischen Land Europas zu gehen. Wir wollen deswegen die anstehenden bürgerlichen Wahlen nicht nur nutzen, um unseren Klassengeschwistern die Missstände des kapitalistischen Systems aufzuzeigen – es gilt für uns vor allem auch, angesichts der vielerorts vorherrschenden Resignation und des um sich greifenden Frusts Zuversicht zu verbreiten: Auch wenn der Weg weit scheint, sind wir geeint als Klasse in der Lage, Deutschland, Europa und die Welt zu verändern!